Liszt Museum Raiding
Im burgenländischen Raiding begann 1811 das Leben eines musikalischen Ausnahmetalents: Franz Liszt wurde hier geboren – in jenem Haus, das heute als sein Geburtshaus bekannt ist. Über Jahrzehnte hinweg entwickelte sich dieser historische Ort von einem einfachen Wohngebäude zur international geschätzten Gedenkstätte.
Nun beginnt ein neues Kapitel: Unter dem Leitsatz „Le Concert c’est moi – Das Konzert bin ich“ öffnet das Liszt Museum Raiding wieder seine Tore. Das Geburtshaus bleibt dabei das Herzstück, eingebettet in ein erweitertes Museumskonzept, das auf zeitgemäße und sinnlich erfahrbare Weise Liszts Leben, Wirken und Vermächtnis neu erlebbar macht.

Das Geburtshaus von Franz Liszt ist das ehemalige Verwaltungsgebäude einer Meierhofanlage der Fürstlich Esterházyschen Schäfereien, als deren „Schäferey Rechnungsführer“ der Vater von Franz Liszt, Adam Liszt (1776–1827), zwischen 1808 und 1822 gearbeitet hatte. Das Gebäude war seinerzeit Teil einer viel größeren Anlage, eines sogenannten Edelhofes, der 1587 von Georg Seged de Gunifalva und seinem Schwiegersohn Franz Illésy errichtet wurde, wie auf dem Wappenstein über dem Torbogen des Einganges von der Straße her heute noch zu lesen ist. Als Franz Liszt hier am 22. Oktober 1811 geboren wurde, gehörte die Gemeinde zur sogenannten Herrschaft Lackenbach, die unter der Verwaltung der Fürstlichen Domäne stand. Verwaltet wurde damals alles zentral von Eisenstadt aus. Das Gebäude selbst, das die Fürsten Esterházy erst 1805 erworben hatten, besaß ursprünglich die Gestalt eines „T“, das durch die Verbindung von einem älteren und einem jüngeren Gebäude entstand, von denen heute nur noch das ältere – das sogenannte Geburtshaus – existiert. Dieser ältere Teil bestand aus vier Zimmern, einer Kammer, einer Küche und einem Garten vor den Fenstern und einem langen gewölbten Gang.
Auf der Vorderfront des Hauses sind über den Eingangstüren zwei verschiedene Dreiecksgiebel zu erkennen. Der ältere von den beiden ist der rechte, der eine Tafel in ungarischer Sprache enthält, die darauf hinweist, dass diese Tafel vom Ödenburger Verein für Literatur und Kunst gestiftet und am 7. April 1881 in Gegenwart von Franz Liszt während seines Besuches anlässlich seines 70. Geburtstages enthüllt wurde. Damit wurde der Beginn der Raidinger Liszt-Pflege markiert. Der linke und zugleich jüngere Giebel zeigt in der Mitte ein Reliefbild von Franz Liszt, das von zwei Inschriften flankiert wird. Diese Inschriften und das Reliefbildnis wurden anlässlich der Einweihung der neuen Ortskirche 1925 angebracht, um damit die Haltung des neu entstandenen Bundeslandes Burgenland gegenüber Franz Liszt zum Ausdruck zu bringen.
1881, als Franz Liszt zur Feier seines 70. Geburtstages nach Raiding kam, war sein Geburtsort bereits ein Ort der lokalen Liszt-Verehrung geworden, die vom naheliegenden Ödenburg (heute: Sopron) ausging.
Anlässlich des 100. Geburtstages von Franz Liszt wurde auf Anregung des Raidinger Ortspfarrers Johann Prikoszovits im Geburtszimmer und einem weiteren Vorraum des Geburtshauses 1911 erstmals ein kleines Museum eingerichtet, in dem das Leben Franz Liszts dargestellt wurde. Diese räumliche Situation existierte auch noch, als die Burgenländische Landesregierung 1936 anlässlich des 125. Geburtstages und des 50. Todestages von Franz Liszt die erste offizielle Liszt-Feier des Landes Burgenland veranstaltete.
Nachdem bereits während des 2. Weltkrieges der an das Geburtshaus angebaute Stall entfernt worden war, mussten nach 1945 auf Grund von Kriegsschäden noch weitere Teile des ursprünglichen Gebäudes abgerissen werden, sodass nur der heute noch existierende Teil übrig blieb. Erst nach dem 2. Weltkrieg kam es zu einer inhaltlichen Veränderung im Museum. Anlässlich des 140. Geburtstages von Franz Liszt wurde das Museum neu gestaltet. Die drei Räume waren damals den Themen „Geburt und Herkunft – die Konzertlaufbahn – die Wanderjahre“ gewidmet. 1961 wurde das Geburtshaus durch die Burgenländische Landesregierung generalrenoviert. 1971 schenkte der damalige Fürst Dr. Paul Esterházy das Geburtshaus mitsamt dem dazugehörigen Park der Gemeinde Raiding. Seit 1973/74 wird es vom Land Burgenland erhalten und kulturell betreut. Nach einer gründlichen Neugestaltung ist es seit 1979/80 eine der Öffentlichkeit zugängliche Außenstelle des Landesmuseums Burgenland. Die Einrichtungsgegenstände kamen damals hauptsächlich aus den Originalbeständen des Landesmuseums.
Nachdem die Ausstellung 2007 nach museumspädagogischen Grundsätzen neu gestaltet worden war, bildete das Geburtshaus im Rahmen der Feierlichkeiten rund um den 200. Geburtstag von Franz Liszt im Jahr 2011 einen von insgesamt vier Schauplätzen der Landesausstellung „Lisztomania 2011“. Unter dem Titel „Le petit Litz – Wurzeln eines Genies“ war diese Ausstellung den Jahren 1800–1827 der Familiengeschichte gewidmet. Mit 2014 entstand eine Dauerausstellung „Franz Liszt. Wunderkind – Weltstar – Abbé“. Diese stellte wieder das ganze Leben Franz Liszts in den Mittelpunkt. Der große Bereich der Konzertreisen und der „Lisztomanie“ wurde als Erweiterung der Ausstellung im Foyer des Konzerthauses untergebracht.
„Le Concert c’est moi – Das Konzert bin ich“ dieses Zitat Franz Liszts anlässlich eines Konzertes in Rom 1839 ist das Generalthema der Ausstellungen. In drei Themenbereichen wird das Leben und Wirken Franz Liszts erzählend inszeniert.
Liszts Geburtshaus – Wurzeln, Flügel und Liszt und das Klavier
In seinem original erhaltenen Geburtshaus in Raiding werden Liszts Anfänge spürbar. Hier thematisiert die Ausstellung seine Herkunft und die emotionale Verbindung zu seinem Geburtsort.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die sogenannte „Lisztomanie“, jene überwältigende Begeisterung, mit der Fans im 19. Jahrhundert auf den Künstler reagierten. Haarlocken, Zigarrenstummel und Devotionalien als Accessoires zeugen vom Ruhm des Musikstars. Auch zentrale Wendepunkte in Liszts Leben werden erzählt: Ein virtueller Spaziergang führt zu Originalschauplätzen in Budapest, Weimar und Bayreuth – kommentiert mit Zitaten seiner Ur-Urenkelin Nike Wagner. Das erste Klavier-Solorecital der Musikgeschichte, sein Wandel zum geistlichen Komponisten, seine politischen Benefizkonzerte und sein unermüdliches Reisen durch Europa – über 600 Konzerte in 230 Städten. Ein besonderes Highlight ist der legendäre Hoffmann-Flügel, auf dem Liszt sein letztes Konzert in Rom gab. Alles begann hier, im kleinen Raiding, im Jahr 1811.
Liszt Salon
Im neuen Liszt Salon begibt man sich auf eine Reise durch die wichtigsten Lebensstationen Franz Liszts: Wien, Paris, Rom, Budapest, Weimar und Bayreuth. Die multimediale Inszenierung zeigt nicht nur Orte, sondern Momente – Konzerterfolge, Begegnungen, Wendepunkte. Man begegnet Liszt als gefeierten Virtuosen, leidenschaftlichen Wohltäter, glühenden Europäer und musikalischen Neuerer. Ob als Hofkapellmeister in Weimar, als geistlicher Komponist in Rom oder als Unterstützer junger Talente in Budapest – Liszts Leben war geprägt von Bewegung, Einfluss und Wandel.
Instrumentensammlung im Konzerthaus – Klangwelten entdecken
Im Liszt Konzerthaus, direkt gegenüber dem Museum, eröffnet sich eine neue Perspektive auf das 19. Jahrhundert – durch den Klang zeitgenössischer Instrumente. Die Sammlung historischer Tasteninstrumente – Leihgaben des Liszt Vereins – führt in die Zeit Franz Liszts. Vater Adam Liszt einst seine goldene Uhr verkaufte. Ein Flügel der Klaviermanufaktur Erard, die mit der Erfindung der Doppelrepetitionsmechanik das Klavierspiel revolutionierte.
Ein Ort der Begegnung – für Musikliebhaber:innen, Kulturbegeisterte und Neugierige
Mit dieser Neuausrichtung präsentiert sich das Liszt Museum als Ort lebendiger Musikvermittlung, europäischer Kulturgeschichte und persönlicher Entdeckungen. Die Ausstellung spricht Musikfans ebenso an wie Schulklassen, Tourist:innen und alle, die sich von der Kraft eines außergewöhnlichen Lebens inspirieren lassen möchten.